Der Australier Chau Van Kham wurde aus einem vietnamesischen Gefängnis entlassen. Der pensionierte Bäcker aus Sydney war 2019 in Vietnam festgenommen und wegen Terrorismus zu 12 Jahren Haft verurteilt worden, weil er sich in der oppositionellen, für Demokratie eintretenden Organisation Viet Tan (Neues Vietnam) engagiert hatte. Herr Chau war in den 1980er Jahren aus Vietnam geflohen und kam mit dem Boot nach Australien. ACAT Deutschland hatte im Januar einen offenen Brief von Viet Tan mitunterzeichnet, in dem die Regierung Vietnams zur Freilassung aufgefordert wurde:
Dank sei Gott! - Gott sei Dank!
Die Briefaktionen der ACAT (Aktion der Christen für die Abschaffung der Folter: www.acat-deutschland.de) liegen in den Kirchen St. Barbara, St. Mariä Geburt, Herz Jesu und St. Georg aus. Sie stehen auch am Ende der Artikel zum Download zur Verfügung. Weitere Informationen finden Sie auf der der ACAT-Internetseite. Herzlichen Dank für Ihre Unterstützung!
In den aktuellen Briefaktionen geht es um Hilfe für:
1. In Bergkarabach/Arzach, einer Grenzregion zwischen den verfeindeten Staaten Armenien und ASERBAIDSCHAN, sind ca. 120.000 Menschen fast ausschließlich armenischer Herkunft aktuell vom Tode bedroht. Das in dieser Grenzregion liegende Gebiet hat sich als Republik Arzach unabhängig erklärt, wird aber völkerrechtlich als zu Aserbaidschan zugehörig gesehen. Im Dezember 2022 hat Aserbaidschan die einzige Landverbindung zwischen Armenien und Bergkarabach/Arzach, den Latschin-Korridor, geschlossen. Mitte Juni wurde die Blockade noch verschärft, seitdem werden auch keine Medikamente oder Nahrungsmittel (inkl. Babynahrung) mehr in die Region gelassen. Die Zahl der Früh- und Fehlgeburten hat sich verdreifacht. Auch humanitäre Hilfe blockiert Asarbeidschan: Sogar Hilfskonvois des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz können die Zivilpersonen nicht mehr versorgen.
Für die 120.000 in Bergkarabach Lebenden – darunter 30.000 Kinder, 20.000 ältere Menschen, 9.000 Menschen mit Behinderung sowie 2.000 Schwangere – besteht aufgrund der Blockade akute Lebensgefahr. Ein Armenier, der 40-jährige Karo Howhannisjan, ist am 15. August 2023 bereits verhungert. Aserbaidschan behauptet, es wolle mit der Blockade den Waffenschmuggel verhindern. Tatsächlich soll das Aushungern die Widerstandskraft der nach Selbstbestimmung strebenden Menschen brechen. Sie werden vor die Wahl gestellt, sich zu unterwerfen, zu fliehen oder zu sterben. Der ehemalige Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs, Luis Moreno Ocampo, bezeichnete die Hungerblockade als Genozid nach Art. II, 3 der UN-Genozidkonvention. Auch die Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV), mit der ACAT im Austausch ist, spricht von einem (drohenden) Völkermord und hat eine Mahnwache vor dem deutschen Bundeskanzleramt organisiert.
Nur langsam schafft es die gezielt herbeigeführte Tragödie in die Nachrichten. Weder die Bundesregierung noch die Opposition hat auf die aktuelle Zuspitzung bisher reagiert. Auf Nachfrage äußerte sie sich als „besorgt“. Offensichtlich soll der Öl- und Gaslieferant Aserbaidschan nicht verärgert werden. In einer Bundespressekonferenz lehnte kürzlich Regierungssprecher Hebestreit laut taz und Frankfurter Rundschau die Bezeichnung „Genozid“ als „Kampfbegriff“ ab. Daher senden wir neben einem Appell an den Präsidenten von Aserbaidschan auch einen Appell an Bundesaußenministerin Baerbock.
2. In VIETNAM wurde der 40-jährige Nguyen Van Chuong 2008 laut Amnesty International (AI) gemeinsam mit zwei weiteren Personen zum Tode verurteilt wegen angeblichen Raubüberfalls und der Ermordung eines Polizisten im Juli 2007. Nguyen Van Chuong hat diese Anschuldigungen stets zurückgewiesen. Staatlichen Medienberichten zufolge sind mehrere Personen aus seinem Dorf bereit auszusagen, dass sie Nguyen Van Chuong zur mutmaßlichen Tatzeit im Dorf gesehen hatten, 40 Kilometer vom Tatort entfernt. Zwei von ihnen berichteten, sie seien von Polizeikräften misshandelt und gezwungen worden, ihre Aussage zurückzuziehen.
Der Rechtsbeistand von Nguyen Van Chuong wies kürzlich auf weitere Unregelmäßigkeiten und Verfahrensverletzungen hin. So sollen beispielsweise das Schwert und die Messer, die Nguyen Van Chuong und seine Mitangeklagten laut Polizeiangaben als Mordwaffen benutzt haben, nicht in Übereinstimmung mit den Verletzungen des Opfers gebracht werden können, und die Zeugenaussagen vor Gericht sollen zahlreiche Widersprüche aufweisen. Überdies sei das Alibi von Nguyen Van Chuong trotz polizeilicher Anweisung nicht angemessen untersucht worden.
Nguyen Van Chuong hat in Briefen an seine Familie beschrieben, wie er im Polizeigewahrsam gefoltert und misshandelt wurde, um von ihm ein Geständnis zu erzwingen. Die Behörden haben die Foltervorwürfe abgestritten. Das Stadtgericht von Hai Phong stützte sich bei dem Todesurteil vornehmlich auf die Angaben der Polizei. Am 4. August 2023 erhielt die Familie von Nguyen Van Chuong die Aufforderung, die Übergabe seines Leichnams zu regeln, ein deutlicher Hinweis darauf, dass seine Hinrichtung unmittelbar bevorsteht.
Kurz darauf konnte seine Familie ihn noch einmal im Gefängnis besuchen. Der Gefangene bestätigte, dass er über seine drohende Hinrichtung informiert worden sei; ein konkreter Termin steht aber noch nicht fest.
Seit Beginn der Ermittlungen gegen Nguyen Van Chuong legten seine Familie und seine Rechtsbeistände zahlreiche Rechtsmittel ein, um eine Überprüfung der Anschuldigungen sowie des Todesurteils zu erreichen. Im Jahr 2011 forderte die Oberste Volksstaatsanwaltschaft den Obersten Volksgerichtshof auf, das Todesurteil umzuwandeln; der Oberste Volksgericht lehnt dies jedoch ab.