Die Briefaktionen der ACAT (Aktion der Christen für die Abschaffung der Folter: www.acat-deutschland.de) in unseren sechs Kirchen aus und können über die Homepage der ACAT heruntergeladen werden.
Da aktuell keine Gottesdienste stattfinden und die Briefe nicht wie sonst über die Kirchen verteilt werden können, stehen diese am Ende der Seite zum Download zur Verfügung.
In den aktuellen Briefaktionen geht es um Hilfe für:
1. Schweiz/Eritrea: Flüchtlingssituation - Karfreitagskampagne der ACAT Schweiz
2. China: Chen Qiushi, Fang Bin, Xu Zhiyong, Li Qiaochu - „Verschwindenlassen“, drohende Folter
1. Für ihre Karfreitagskampagne setzt die ACAT Schweiz eine Aktion fort, die zum Tag der Menschenrechte am 10. Dezember 2019 begonnen worden ist. Mit ACAT Schweiz appellieren wir an die für Justiz zuständige Bundesrätin, sich für eine menschenwürdige Behandlung der Flüchtlinge aus Eritrea in der Schweiz einzusetzen.
Eritrea ist eine hermetisch geschlossene Diktatur. Fast die gesamte Bevölkerung des ostafrikanischen Landes muss nach der zwölften Klasse den „Nationaldienst“, Zwangsarbeit für den Staat,
leisten. Viele Menschen müssen zum Militärdienst, jahrelang oder sogar unbefristet. Nach dem Friedensvertrag, den der eritreische Präsident 2018 mit Äthiopien schloss, wurde eine Begrenzung des
Nationaldienstes auf 18 Monate angekündigt. Passiert ist bisher nichts. Die Angst vor dem Militärdienst ist ein Beweggrund für die Flucht.
In den letzten Jahren hat das Schweizer Staatssekretariat für Migration (SEM) seine Asylpraxis gegenüber eritreischen Asylsuchenden laufend verschärft. Seit 2016 erkennt es laut ACAT Schweiz
eritreische Staatsangehörige, die vom Nationaldienst befreit, daraus entlassen oder noch nie dafür aufgeboten wurden, nicht mehr als Flüchtlinge an. Das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) liefert
dafür diverse Grundlagen: So urteilte es 2017, dass Eritreer, die schon Nationaldienst geleistet haben, nicht unbedingt das Risiko eingingen, bei ihrer Rückkehr wieder zum Nationaldienst
einberufen oder bestraft zu werden. Im Juli 2018 hielt das BVGer fest, dass eine Zwangsrekrutierung in den Nationaldienst an sich keine relevante Gefährdung darstelle. Das BVGer räumt in seinen
Urteilen grobe Menschenrechtsverletzungen in Eritrea ein, bezieht sich aber auf zusätzliche Quellen und Mutmaßungen, um daraufhin laut ACAT Schweiz zynische Schlüsse zu ziehen. Zum Beispiel
„[...] wird in Bezug auf die kolportierten Misshandlungen und sexuellen Übergriffe zumindest in Frage gestellt, dass diese systematisch stattfinden.“ Die Möglichkeit einer solchen
„Benachteiligung“ reiche nicht aus; erst eine „hohe Wahrscheinlichkeit“ wäre ein ausreichender Asylgrund.
Die Folge: In den letzten vier Jahren stieg die Anzahl an Ablehnungen ohne vorläufige Aufnahme eritreischer Asylanträge von 3 auf 18 Prozent an. 3589 Personen könnten betroffen sein – dies ist
die Anzahl an EritreerInnen, die seit 2006 vom SEM abgewiesen wurden und von denen anzunehmen ist, dass sie sich mangels Alternative noch in der der Schweiz befinden. Für 2019 könnte die
Statistik durch eine Neuüberprüfung von 3200 Dossiers weiter ansteigen. Diese Menschen müssten grundsätzlich ausreisen. Da aber kein Rücknahmeabkommen mit Eritrea besteht, kann die Schweiz sie
nicht zwingen, dorthin zurückzukehren. Allerdings wurde in der Schweizer Politik wiederholt die Aushandlung eines Rücknahmeabkommens erwogen.
Freiwillig geht kaum jemand in die Diktatur zurück. So werden Tausende eritreische Flüchtlinge in der Schweiz zu Langzeit-Nothilfebezügern, die kein Recht auf Arbeit, Sprachkurse, Ausbildung oder Sozialhilfe haben. Anders gesagt: ACAT Schweiz beklagt eine Verelendungspolitik gegenüber Menschen, denen in ihrer Heimat schwerste Menschenrechtsverletzungen drohen.
Weitere Informationen sowie ein Meditationstext zu Karfreitag unter:
www.acat.ch/de/aktiv_werden/kampagnen/karfreitag/
www.acat.ch/de/aktiv_werden/kampagnen/menschenrechtstag/
Online-Unterschriften: https://act.campax.org/petitions/fur-eine-menschliche-schweizer-politik-gegenuber-asylsuchenden-aus-eritrea
2. Der 34-jährige Menschenrechtsanwalt Chen Qiushi stammt aus der Provinz Heilongjiang im Norden Chinas. Angesichts der Ausbreitung des Coronavirus nahm er am 23. Januar einen Zug nach Wuhan im Zentrum des Landes, kurz bevor die Stadt unter Quarantäne gestellt wurde. Sein Ziel war über die Realität der Epidemie, die sich nun zu einer Pandemie ausgeprägt hat, zu berichten. Er besuchte insbesondere das Krankenhaus der Stadt. Über soziale Netzwerke folgten ihm hunderttausende Personen. In seinem letzten Video, das am 4. Februar 2020 verbreitet wurde, hatte Chen Qiushi in Wuhan den Sohn eines am Coronavirus Verstorbenen, interviewt. Seit dem 6. Februar haben die Angehörigen des Rechtsanwalts keine Nachrichten mehr von ihm erhalten und sein Konto im sozialen Netzwerk Weibo wurde gelöscht.
Der ehemalige Geschäftsmann und Einwohner von Wuhan, Fang Bin, hatte auch beschlossen, der Zensur zu trotzen, die von den Behörden eingeführt worden war und Transparenz über die Krise herzustellen. Seine erste Videoreportage erschien am 25. Januar. Sie dokumentierte die Überlastung der Krankenhäuser und zeigte Bilder von Verstorbenen in Bussen, die zu behelfsmäßigen Leichenwagen umgebaut worden waren. Anfang Februar erschien die Polizei, um ihn unter Quarantäne zu stellen. Er wehrte sich dagegen. Einige seiner elektronischen Geräte wurden beschlagnahmt. Am 9. Februar 2020 wurde Fang Bin in seiner Wohnung von Polizisten in Zivil ohne Haftbefehl festgenommen. Seitdem haben auch seine Angehörigen keine Informationen mehr über ihn erhalten.
Chen Qihshi und Fang Bin haben laut ACAT Frankreich unter anderem die Unruhe und die Wut der Bevölkerung von Wuhan angesichts des Umgangs der Behörden mit der Krise dokumentiert. Sie zeigten Bilder, die nicht in den traditionellen, von der Kommunistischen Partei streng kontrollierten Medien erscheinen. In den sozialen Netzwerken stand die Staatsmacht einem ungewohnten Aufruhr gegenüber und wurde angeklagt, zu spät auf den Ausbruch der Epidemie reagiert zu haben und zugleich die Meinungsfreiheit behindert zu haben. Der Tod des Arztes Li Wenliang hat die Wut der Bevölkerung verstärkt. Er war einer der ersten, die wegen des Virus Alarm geschlagen haben und wurde von der Polizei unterdrückt und beschuldigt, Gerüchte verbreitet zu haben.
Auch der Rechtsanwalt Xu Zhiyong, der laut der britischen Zeitung The Guardian den chinesischen Staatspräsidenten für sein Krisenmanagement kritisiert hatte, wurde am 15. Februar in Beijing festgenommen. Er befindet sich in geheimer Haft. Amnesty International berichtet, dass seine Freundin, die Frauenrechtsaktivistin Li Qiaochu, einen Tag später in Beijing verhaftet wurde. Im Internet hatte sie sich öffentlich zur Corona-Krise geäußert.
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